In der Kleinen Zeitung erschienen: Mein Beitrag zum Wahlrecht für behinderte Menschen – das ein Menschenrecht ist.
Weil der Text nicht online ist, stelle ich ihn hier noch einmal zur Verfügung. **********
Wenn wieder eine Wahl ansteht, dann ist es bei uns zu Hause ganz selbstverständlich, dass die ganze Familie sich Wahlkarten bestellt. Erstens sind wir alle viel zu faul, am Sonntag zur Wahlkabine zu gehen, und zweitens ist mein Sohn behindert, das heißt, wir wählen für ihn mit. Wir bestellen online seine Wahlkarte, nehmen sie für ihn bei der Post entgegen, öffnen sie, machen das Kreuzerl überall, nur nicht bei der FPÖ, fälschen seine Unterschrift und schicken die Karte retour. Das ist das Wahlprocedere – wie es sich die Freiheitlichen vorstellen.
Selten (aber immer wieder) passiert es den Politikern dieser Partei, dass sie ihr Demokratieverständnis so entblößen, wie sie es mit ihren jüngsten Aussagen getan haben. Der blaue Behindertensprecher Norbert Hofer will das verfassungsmäßig festgeschriebene Wahlrecht für besachwaltete oder schwerbehinderte Menschen abschaffen. Das Motiv ist klar: Wahlkartenwähler wählen lieber andere Parteien als die FPÖ, also muss man die Briefwahl abschaffen oder sie zumindest in ein schiefes Licht rücken. Eine bekannte Vorgehensweise dieser Partei übrigens auch das. Man muss nicht lange herumreden: Was die FPÖ hier vorschlägt ist ein Angriff auf ein Menschenrecht und eine Ent-Subjektivisierung behinderter und pflegebedürftiger Menschen. Allein die Idee macht schaudern. Wie möchte denn Herr Hofer feststellen, wer „zu behindert“ zum Wählen ist? Gibt das einen Eintrag im Behindertenpass? Müsste man dann nicht auch eine Altersobergrenze einführen? Man darf dann zwar Auto fahren, bis man das Zeitliche segnet, aber wählen nicht mehr. Die Parallelen zu vergangenen Zeiten sind ungeheuerlich. Wie man es sich nun tatsächlich vorstellen darf, wenn ein behinderter Mensch sein Wahlrecht ausübt, schildere ich gerne, diesmal am realen Beispiel meiner Familie. (Ich durfte mir ja auch schon anhören: „Er darf wählen? Aber er versteht ja nichts!“ „Doch“, habe ich entgegnet, „er versteht“.) Wir halten es so, dass wir uns gemeinsam Fernsehdiskussionen oder TV-Ausschnitte ansehen, nebst Wahlwerbung in leichter Sprache. Die Wahl, also der tatsächliche Akt, obliegt meinem Sohn. Er kann wählen, wen er will, auch die FPÖ. Wenn ich daran denke, wie meine Mutter immer gewählt hat (nämlich ohne zu hinterfragen die Partei, die mein Vater gewählt hat) kann ich guten Gewissens sagen, dass mein Sohn bestens informiert ist. In anderen Familien wird es vermutlich ähnlich gehalten. Auch Pflegekräfte in Heimen haben mit Sicherheit Besseres zu tun, als reihenweise Karten mit ihrer Lieblingspartei zu bekreuzeln. Die FPÖ hat hier einen ordentlichen Schritt in braunen Gatsch getan. Wie üblich, entschuldigt sie sich dafür nicht.